Protest in Neu-Isenburg gegen die „AG Wohlfahrt“ des Kreises Offenbach

Am Samstagmittag aßen wir im Tierra Verde in der Neu-Isenburger Bahnhofstraße ausgesprochen freundlich bewirtet an einem Tisch mit unmittelbarem Blick zur Fußgängerzone gut zu Mittag, als auf der Frankfurter Straße Fahrzeuge der Polizei mit Blaulicht vorfuhren: Zuerst mehrere Transporter und Mannschaftswagen, dann kamen Beamte in leichter Schutzkleidung und mit Schlagstöcken versehen zu Fuß vorbei, kurz darauf mehrere Polizisten auf Motorrädern, als würde gleich etwas Größeres passieren. Wenige Minuten später kam ein Demonstrationszug des Wegs. Die Sprechchöre verstanden wir leider nicht, und die Transparente waren auch zum größten Teil nicht zu lesen. Es wurden aber Handzettel verteilt, und ein Teilnehmer kam auch ins Restaurant herein und bot uns freundlich ein Blatt an.

Wir sahen den „antirassistischen Stadtspaziergang“ der örtlichen Antifa. Aus dem Flugblatt, das wir erhielten, ging hervor, daß sich der Protest gegen die sogenannte „AG Wohlfahrt“ des Kreises Offenbach und der Polizei richtete, die schon seit längerem von sich reden macht. Eine Internetrecherche, die ich eben durchgeführt habe, ergab, daß in dieser bundesweit einmaligen „AG“ Sozialbehörden des Kreises und die Polizei bei dem Versuch zusammenarbeiten, Ausländer, die Sozialleistungen zu Unrecht beantragen, zu ermitteln und dann abzuschieben. 2006 berichtete sogar der ferne „Tagesspiegel“ kritisch über die Anfänge dieser Arbeit. Die Ergebnisse wurden damals in einer Pressekonferenz vorgestellt. Die Kosten der Ermittlungsgruppe sind sehr hoch, und die dabei verfolgten Ziele sind vom politischen Gegner aus ganz grundsätzlichen Erwägungen heraus kritisiert worden. Die Grünen und die Linke fordern, diese „Arbeitsgruppe“ aufzulösen. Nachdenklich macht, daß die NPD die Einrichtung der „AG“ gelobt habe. Die Demonstranten wiesen in ihrem Flugblatt darauf hin, der Nachfolger von Landrat Peter Walter, Oliver Quilling (beide CDU), solle die diesbezüglichen „Fehler“ seines Vorgängers „nicht wiederholen“. Man gehe „rassistisch, brutal und menschverachtend“ gegen Flüchtlinge vor und schüre dabei die „negative Grundstimmung“ gegenüber Ausländern und Asylbewerbern.

Die Demonstration verfolgte meines Erachtens ein unterstützenswertes Anliegen, und das Engagement, das darin zum Ausdruck kommt, finde ich sehr lobenswert. Umso mehr wunderten wir uns über den völlig überdimensioniert wirkenden Polizeieinsatz, der über die zu dieser Zeit recht stille Neu-Isenburger Innenstadt hereinkam. Die eigentliche Demonstration bestand aus etwa 40, allerhöchstens 50 Personen, ganz überwiegend junge Leute aus dem gesellschaftskritischen Spektrum, dem Auftreten nach wahrscheinlich Gymnasiasten. Ich sah eine junge Frau mit handbemalter Armbinde mit der Aufschrift „Ordner“. Man war insgesamt locker zugange und guter Dinge. Dem Zug folgten zwei Männer, denen man sehr deutlich ansah, daß sie Beamte in Zivil waren. Noch am späten Nachmittag stand am Bahnhof ein Streifenwagen mit zwei Insassen und beobachtete die leere Szene.

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