Auf der Galerie II

Der Guardian berichtete gestern und heute über den Hintergrund für Tony Blairs Rücktritt als Premierminister 2007. Einem neuen Buch von Andrew Rawnsley zufolge, litt Blair unter anderem infolge der Entwicklung des Irak-Kriegs zunehmend an einer Depression. Diese sei so schwer gewesen, daß er sein Amt in der Mitte der Legislaturperiode an Gordon Brown übergeben mußte:

„… The former prime minister’s physical and mental decline was so profound that he confided to friends that he ’spaced out‘ several times during Prime Minister’s Questions and often woke up in the middle of the night with sweat trickling down the back of his neck. … While Blair’s gift for presentation helped him hide his depression from the public and most of his staff, his private turmoil was so severe that he decided there was nothing for it but to hand over to Brown midway through his second term. …“

Wie würde sich die Berichterstattung über Politiker und andere Prominente ändern, wenn der psychischen Befindlichkeit mehr Aufmerksamkeit geschenkt würde? Wenn überhaupt der Umgang mit Krankheiten in der Öffenlichkeit in einer angemesseneren Form erfolgen würde? Wenn man im Blick behielte, daß auch (politische, wirtschaftliche, kirchliche …) Entscheidungsträger an psychischen Krankheiten leiden können (Depression, Alkohol, Angst …)? Und wenn man ihre Tätigkeit zumindest auch unter diesem Gesichtspunkt bewerten würde?

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Frühling

Obwohl es gestern wieder etwas kühler geworden war, herrschte heute zum ersten Mal in diesem Jahr wirklich frühlingshaftes Wetter. Die Sonne schien den ganzen Tag, und im Wald zwitscherten die Vögel geradezu konzerthaft. Nur am Jacobiweiher im Frankfurter Stadtwald hält sich noch etwas Eis, aber auch das taut immer mehr weg. Die Wasservögel schwimmen wieder auf dem See, sie erobern sich immer mehr Teile der Wasserfläche vom Winter zurück. Und die Wege sind vom Eis wieder frei, man kann gefahrlos auf ihnen laufen und joggen. Laue Luft kommt blau geflossen,| Frühling, Frühling soll es sein! Für morgen ist aber schon wieder schlechteres Wetter vorhergesagt worden.

Protest in Neu-Isenburg gegen die „AG Wohlfahrt“ des Kreises Offenbach

Am Samstagmittag aßen wir im Tierra Verde in der Neu-Isenburger Bahnhofstraße ausgesprochen freundlich bewirtet an einem Tisch mit unmittelbarem Blick zur Fußgängerzone gut zu Mittag, als auf der Frankfurter Straße Fahrzeuge der Polizei mit Blaulicht vorfuhren: Zuerst mehrere Transporter und Mannschaftswagen, dann kamen Beamte in leichter Schutzkleidung und mit Schlagstöcken versehen zu Fuß vorbei, kurz darauf mehrere Polizisten auf Motorrädern, als würde gleich etwas Größeres passieren. Wenige Minuten später kam ein Demonstrationszug des Wegs. Die Sprechchöre verstanden wir leider nicht, und die Transparente waren auch zum größten Teil nicht zu lesen. Es wurden aber Handzettel verteilt, und ein Teilnehmer kam auch ins Restaurant herein und bot uns freundlich ein Blatt an.

Wir sahen den „antirassistischen Stadtspaziergang“ der örtlichen Antifa. Aus dem Flugblatt, das wir erhielten, ging hervor, daß sich der Protest gegen die sogenannte „AG Wohlfahrt“ des Kreises Offenbach und der Polizei richtete, die schon seit längerem von sich reden macht. Eine Internetrecherche, die ich eben durchgeführt habe, ergab, daß in dieser bundesweit einmaligen „AG“ Sozialbehörden des Kreises und die Polizei bei dem Versuch zusammenarbeiten, Ausländer, die Sozialleistungen zu Unrecht beantragen, zu ermitteln und dann abzuschieben. 2006 berichtete sogar der ferne „Tagesspiegel“ kritisch über die Anfänge dieser Arbeit. Die Ergebnisse wurden damals in einer Pressekonferenz vorgestellt. Die Kosten der Ermittlungsgruppe sind sehr hoch, und die dabei verfolgten Ziele sind vom politischen Gegner aus ganz grundsätzlichen Erwägungen heraus kritisiert worden. Die Grünen und die Linke fordern, diese „Arbeitsgruppe“ aufzulösen. Nachdenklich macht, daß die NPD die Einrichtung der „AG“ gelobt habe. Die Demonstranten wiesen in ihrem Flugblatt darauf hin, der Nachfolger von Landrat Peter Walter, Oliver Quilling (beide CDU), solle die diesbezüglichen „Fehler“ seines Vorgängers „nicht wiederholen“. Man gehe „rassistisch, brutal und menschverachtend“ gegen Flüchtlinge vor und schüre dabei die „negative Grundstimmung“ gegenüber Ausländern und Asylbewerbern.

Die Demonstration verfolgte meines Erachtens ein unterstützenswertes Anliegen, und das Engagement, das darin zum Ausdruck kommt, finde ich sehr lobenswert. Umso mehr wunderten wir uns über den völlig überdimensioniert wirkenden Polizeieinsatz, der über die zu dieser Zeit recht stille Neu-Isenburger Innenstadt hereinkam. Die eigentliche Demonstration bestand aus etwa 40, allerhöchstens 50 Personen, ganz überwiegend junge Leute aus dem gesellschaftskritischen Spektrum, dem Auftreten nach wahrscheinlich Gymnasiasten. Ich sah eine junge Frau mit handbemalter Armbinde mit der Aufschrift „Ordner“. Man war insgesamt locker zugange und guter Dinge. Dem Zug folgten zwei Männer, denen man sehr deutlich ansah, daß sie Beamte in Zivil waren. Noch am späten Nachmittag stand am Bahnhof ein Streifenwagen mit zwei Insassen und beobachtete die leere Szene.

Weiterer Abbau beim „Freitag“ IV

„Der Freitag“ ist ein Abschreibungsobjekt. Wenn er genügend Verlust gemacht hat, wird er dichtgemacht.

Wer keine IVW-Zahlen mehr ausweist,[1][2] ist an Inserenten nicht wirklich interessiert.

Erinnere mich übrigens noch dunkel daran, daß es bei der Übernahme durch Augstein eine Arbeitsplatzgarantie gab. Ist die schon abgelaufen? […]

Das ist gerade der Unterschied zwischen „Konkret“ und dem „Freitag“: „Konkret“ wurde als Abschreibungsmodell für andere (die Gesellschafter) gegründet, um erhalten zu werden, während der „Freitag“ lediglich für den Verleger einen Vorteil einbringen wird.

Es ist schon bezeichnend, wie hier unternehmerische Entscheidungen gegen den Widerstand der Leserschaft durchgepeitscht werden.

Erinnere mich an viele belanglose Diskussionen, die Augstein über Wochen hier betrieb. Aber wenn es um die eigentliche Substanz der Zeitung geht (wer schreibt worüber und zu welchen ökonomischen und arbeitsrechtlichen Bedingungen?), herrscht Schweigen im Blätterwalde?

Das ist sehr traurig und stützt unsere These vom baldigen Untergang der Zeitung, ganz gleich ob geplant oder ob (jedenfalls jetzt) billigend inkauf genommen.

Kommentare in der Freitag Community am 26. und 27. Februar 2010.