Auf dem Zauberberg XII

Die meisten Bewohner des Zauberbergs leiden still. Man darf es nicht romantisieren, aber es ist oft ein Zeichen von Demut im Angesicht einer jahrelangen Odyssee durch unser Gesundheitswesen. Vielfach kann es jedoch auch ein depressives Symptom sein, Ohnmacht, Hilflosigkeit. Allesamt „interessante Fälle“ in den Augen der Medizin-Professoren, der Chef- und Oberärzte, schwer heilbare, höchstens linderbare Beschwerden, langfristig angelegte Therapien, mitunter am Rande des bewährten Wissens.

Nur sehr selten sieht man dagegen einen sterbenden Schwan vorbeischwimmen, der weit die Flügel ausbreitet und wortreich und lustvoll von seinem Leiden berichtet und sich wie bei der Balz dabei aufplustert, auf daß er zu einer Attraktion werde. Schau, wie schön krank meine Federn sind, mit denen ich mich den ganzen Tag beschäftige! Dies inmitten der übrigen Leidensgenossen, die sich peinlich berührt ansehen und den Armen von der Seite betrachten, der sich für etwas Besonderes hält und dabei doch nur seine Ichbezogenheit in besonders peinlicher Weise zur Schau stellt. Er duldet keinen anderen Schwan neben sich und beansprucht das Revier ganz für sich allein. Hüte Dich, bleib wach und munter!

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