Der lange Frühling

Nach dem langen Herbst und nach dem langen Winter folgt der lange Frühling. Die Natur wird zum Garten, überall wächst es. Verfall und Sterben waren gestern. Der ganz leichte Nieselregen hilft dabei. Kleine, noch hellgrüne Blätter entfalten sich immer mehr, und die Blüten öffnen sich. Am Boden liegen die bereits abgefallenen Blütenblätter, noch mehr werden sicher bald folgen. Vogelgezwitscher überall um mich her. Wenn man diese Entfaltung, dieses Wachstum der Natur bei einem ganz langsamen Spaziergang am Nachmittag betrachtet, folgt der gedehnten Zeit der „gedehnte Blick“. Es ist ein Moment der Besinnung, den man in der Großstadt nicht finden würde, wo die Menschen sich die Zeit und damit ihr Menschsein zerstören durch den vielen Verkehr und die Geschwindigkeit, die sie sich und anderen aufzwingen, auch denen, die sie gar nicht haben wollen. Auch sie werden zur Unruhe und zu einer Form von rasendem Stillstand gezwungen, der so sinnlos wie letztlich unproduktiv ist. Am Beispiel der Natur im Frühling sieht man, was Produktivität ausmacht – vor allem auch, daß sie aus der Ruhe entstehen kann und noch aus der größten Starre des Winters wieder hervorkommt. Auf leisen Pfoten und langsam, immer wieder gebremst durch kühleres Wetter, letztlich aber unaufhaltbar, bis er endlich da ist, der Sommer. Bis zum nächsten Herbst.

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