Die Salamitaktik der Bundesregierung bei der Reform von Hartz IV geht weiter. Heute wurde bekannt, wie bei den Kosten für die „angemessene Unterkunft“ (so nennt das Gesetz die Wohnung eines Betroffenen, ihn selbst nennt es einen „Hilfebedürftigen“) gespart werden soll. In der bisherigen gesetzlichen Regelung findet sich für das Bundesarbeitsministerium die Möglichkeit, die näheren Voraussetzungen zur Pauschalierung der Leistungen festzusetzen. Das Ministerium hat nun bestätigt, daß es Pläne gebe, die angemessene Wohnfläche für einen Alleinstehenden von bisher (je nach Bundesland) bis zu 40 oder 45 Quadratmeter auf eine Spanne ab 25 qm zu senken und die Kommunen dazu zu ermächtigen, aufgrund des örtlichen Mietspiegels oder (wo es einen solchen nicht gibt) aufgrund einer Markterhebung eine Obergrenze für Mieten festzusetzen, die sich an den Aufwendungen für Wohnraum bei Geringverdienenden orientieren. So soll das Merkmal der Angemessenheit konkretisiert werden. In der Berichterstattung ist bereits von bevorstehenden Zwangsumzügen die Rede. Folglich protestieren die Sozialverbände (ebenda). Diese Folge ist aber keinesfalls gewiß, denn wenn es zu dieser Neuregelung kommen sollte, wären die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarktes zugrundezulegen, und nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind ohnehin die Verhältnisse im unteren Marktsegment am Wohnort für die Frage der Angemessenheit der Wohnkosten maßgeblich. Außerdem wird die Zahl der 25 qm großen Wohnungen sich weiterhin in sehr engen Grenzen halten. Gerade im sozialen Wohnungsbau finden sich so kleine Wohnungen kaum, denn die Bauweise orientierte sich hier an den Grenzen aus dem Wohnungsbauförderungsrecht, und die sahen für Alleinstehende eben, wie eingangs erwähnt, eine angemessene Wohnfläche von 40 bis 45 qm vor. Bei Wohneigentum wird sogar auf typischerweise 80;nbsp;qm abgestellt, allerdings gedeckelt auf die Kosten für eine 40 oder 45 qm große Mietwohnung. Trotzdem zeigt sich in diesem weiteren Vorstoß erneut die unsoziale Gesinnung der schwarzgelben Bundesregierung, die darauf abzielt, arme Menschen auszugrenzen sowie sie einzuschüchtern und ihnen die räumliche Lebensgrundlage und damit förmlich die Luft zum Atmen wegnehmen zu wollen. Eine andere Regelung zu den Unterkunftskosten wird auch weiterhin nicht darum herumkommen, den Betroffenen das sozioökonomische Minimum zu gewähren, das ihnen von Verfassungs wegen zusteht. Das wissen die Politiker, die an solchen Kampagnen gegen sozial Schwache beteiligt sind, nur allzu gut. Es ist eine Schande, daß man sich mit so etwas überhaupt auseinandersetzen muß.
[Update 27.7.2010: Harald Thomé hat das Original-Papier der „Arbeitsgruppe ‚Standards‘“ veröffentlicht.]
Der Titel dieses Blogbeitrags nimmt Bezug auf das Gedicht von Erich Fried, Vom Sparen, in: ders., Gründe. Gedichte. Eine Auswahl aus dem Gesamtwerk. Hg. von Klaus Wagenbach. Wagenbach Verlag (Salto Nr. 12), Berlin, 1989, S. 112.