Erneut: Print vs. Online?

Derzeit kann man beobachten, wie die kommerzielle Nachrichtenmaschine[1][2] unter den Bedingungen des Web 2.0 funktioniert. Mitten im Sommerloch hat der Spiegel neben der New York Times und dem Guardian vorab Zugang zu geheimen Unterlagen der amerikanischen Armee über den Krieg in Afghanistan erhalten und publiziert sie diese Woche exklusiv in deutscher Sprache in seiner Printausgabe. Früher wäre das ein Medienereignis gewesen. Aber derzeit geht die Berichterstattung über das Unglück bei der Loveparade in Duisburg vor. Schon die Ankündigung des Spiegel, die Veröffentlichung des Magazins sei von Samstagnachmittag auf Sonntagabend verschoben worden, wurde mit Blick auf die Vorfälle bei der Loveparade wahrgenommen. Und bis heute wird der Spiegel auch in den deutschen Medien nicht als originäre Informationsquelle erwähnt, sondern – völlig zutreffend – Wikileaks, das Projekt, dem die Unterlagen zugespielt worden waren und das sich entschlossen hatte, die Meldung mit den etabilierten Printmedien zu teilen, um mehr Reichweite zu erhalten. Hinzu kommt, daß selbst 17 Seiten Printberichterstattung nicht mehr als angemessen empfunden[3][4][5] werden, wenn der Guardian die ganze Story multimedial online bringt und wenn der Onlineauftritt lediglich als Werbung für das Printprodukt lauwarm nebenher läuft. Auch bei unserem Zeitungshändler lag der Spiegel gestern nachmittag wie Blei in den Regalen, während die Tageszeitungen ausverkauft waren. Es bleibt nun abzuwarten, wie lange es dauern wird, bis die Geschichte beim Spiegel genauso schnell online verfügbar sein wird, wie es sonst üblich ist. Das Heft ist eine Woche im Verkauf erhältlich, kaum jemand wird ein älteres Heft beim Verlag nachbestellen, auch der Onlineverkauf wird sich in engen Grenzen halten, wenn die vollständige Story bei Wikileaks und beim Guardian nachzulesen ist. Ich werde mir den gedruckten Spiegel jedenfalls auch diese Woche nicht kaufen.

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Ein Gedanke zu „Erneut: Print vs. Online?“

  1. Bei der Menge der Dokumente ist eine Printausgabe eines Magazins auch überfordert (was nicht bedeutet, das sie unengagiert berichten sollen/dürfen). In diesem Fall ist das Web klar im Vorteil. Bemerkenswert, das der Spiegel dies nicht adäquat umsetzt – dort ist anscheinend die Grundhaltung inzwischen eine andere.

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