In § 1611 BGB sieht das Gesetz Schranken für die Unterhaltspflicht der Kinder gegenüber den Eltern vor für den Fall, dass es sich bei der Inanspruchnahme der Kinder für diese um eine unbillige Härte handeln würde. Das Gesetz nennt hierfür mehrere Gründe. In der Praxis besonders bedeutsam ist hierbei der Fall, wonach der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt hat oder er sonst eine schwere Verfehlung ihm gegenüber begangen hatte. In diesen Fall haben die Kinder grundsätzlich nur einen Teil der vollen Unterhaltsleistung zu erbringen. Wäre die Unterhaltspflicht grob unbillig, entfiele sie sogar ganz. Hierbei ist problematisch, inwieweit eine krankheitsbedingte Vernachlässigung des Kindes sich auf dessen spätere Unterhaltspflicht auswirken solle. Der Bundesgerichtshof hat in einem am 15. September 2010 verkündeten Urteil entschieden, dass eine Vernachlässigung des Kindes, die auf eine psychische Erkrankung zurückgeht, die Unterhaltspflicht des Kindes nicht entfallen lasse (Az.: XII ZR 148/09). Die diesbezügliche Belastung des Kindes sei schicksalsbedingt und von der familiären Solidarität umfasst; sie rechtfertige es nicht, bei einer späteren Bedürftigkeit des Elternteils die Unterhaltslast dem Staat aufzubürden. Das gelte auch, wenn über mehrere Jahrzehnte hinweg kein Kontakt mehr zu dem Elternteil bestanden habe und der Sozialhilfeträger den Unterhalt aus übergagengenem Recht für die Kosten der Unterbringung des mittlerweile pflegebedürftig gewordenen Elternteils gegenüber dem Kind geltend mache. Anders sei es nur, wenn es für die Vernachlässigung des Kindes einen „erkennbaren Bezug zum Handeln des Staates“ gebe, beispielsweise wenn diese durch eine kriegsbedingte Abwesenheit entstanden sei (BGH, Urteil vom 21. April 2004 – XII ZR 251/01, FamRZ 2004, 1097).
Ein von dem Gedanken der Staatsräson – genauer: von finanzpolitischen Gesichtspunkten – getragenes Urteil. Ich nehme an, die Richter machen sich keine Vorstellung davon, worum es bei einer solchen Konstellation in der Familie eigentlich geht. Aber die Begriffe der „schweren Verfehlung“ oder der groben Unbilligkeit sind ja schon vorher von der Rechtsprechung eher eng ausgelegt worden, wie mich mein Palandt belehrt.
Am 15. September 2010 in Wikipedia ergänzt und hier um eine äußerst knappe Anmerkung vermehrt.
Zählt eine Scheidung nach DDR-Recht auch zu diesen staatlichen Folgen?
Sie bewirkt in meinem Fall nämlich, daß mein Vater als Chefarzt heute ordentlich Geld verdient, ohne je einen Pfenning Unterhalt an meine Mutter gezahlt zu haben, denn das war nach altem Recht nicht vorgesehen.
So bin ich ohne Mutter (im engeren Sinn – sie war psychisch teils schwerstkrank), ohne Vater und ohne Geld aufgewachsen. Ausbildung, Führerschein etc., alles selbst finanziert. Kein Vitamin B, niemand, der sich dafür interessiert bzw. interessieren kann.
Ich kann meine Mutter im Pflegeheim besuchen, wo sie monatlich 7000 € kostet. Ihr Anblick schmerzt. Ein Mensch, der meine Mutter war, Bücher las, Klavier spielte, meine Taschentücher bügelte. Bis ich sechs war.
Nichts ist davon übrig. Es ist wie im Film.
Wenn ich für meine Familie, die leider auch zerstört ist, genügend Unterhalt gezahlt habe, kann ich dann für meine Mutter weiterzahlen. Eine wirtschaftliche Perspektive kann ich in Deutschland nicht entwickeln, ich werde ewig von der Hand in den Mund leben, stets entlang von Selbstbehaltsgrenzen. Denn Dummerweise waren meine Eltern ziemlich jung. Ich kann also besonders lange zahlen…
Ach das Erbe von meinem Vater? Ja, das verteilt sich dann irgendwann auf seine neue Ehefrau (1/2), meine Schwester und den „neuen“ Halbbruder (je 1/6).
Schicksal.
Ich würde nicht jammern, wenn ich genügend zum abgeben hätte oder die Chance hätte, mich mit eigener Anstrengung in so eine Position zu entwickeln. Aber wenn stets jeder Pfennig abgezogen wird, der den Selbstbehalt übersteigt…