Sollte Peter Müller zum Verfassungsrichter gewählt werden, wäre das in der Tat ein Präzedenzfall. Er wäre der erste Politiker, der aus dem höchsten politischen Amt in einem Bundesland in das höchste politische Gericht wechseln würde. Die Grenzen zwischen den Staatsgewalten verwischen immer mehr. Noch 1993 war gerade die herausragende politische Stellung der wichtigste Grund, weswegen die Kandidatur von Herta Däubler-Gmelin als Verfassungsrichterin scheiterte. Die Zeiten haben sich anscheinend gewandelt.
Es ist nicht nur eine Frage des guten Geschmacks, sondern in erster Linie eine Frage der politischen Kultur. Sie zeigt, wie wichtig es wäre, auch für Spitzenpolitiker Regelungen zu treffen, die in den Beamtengesetzen schon lange Zeit gang und gäbe sind. Kein einfacher Beamter darf in der ersten Zeit nach dem Ausscheiden aus seinem Amt sich mit einer Sache befassen, für die ihm seine Kenntnisse und Kontakte als ehemaliger Insider zugute kommen könnten. Das gilt indessen nicht für Minister, Ministerpräsidenten und Bundeskanzler, wie man seit dem Wechsel von Gerhard Schröder zu Gazprom weiß.
Natürlich gibt es auch eine rechtliche Seite des ganzen: Würde Müller Richter am Bundesverfassungsgericht, könnte der Fall eintreten, daß er über eine Sache zu entscheiden hätte, mit der er politisch vorbefaßt war. Wer so lange wie er politisch aktiv war, ist so sehr in der Szene herumgekommen, daß er mit so gut wie allem, was in dieser Zeit wichtig war oder Rang und Namen hat, zu tun hatte. Die Voraussetzungen, unter denen das Bundesverfassungsgericht eine Befangenheit eines Richters bejaht hatte, sind so eng gesteckt, daß sie bisher kaum gegriffen haben. Eine Berufung Müllers würde diese Rechtsprechung allerdings herausfordern. Genaugenommen könnte er, wie gerade erwähnt, über gar nichts unvoreingenommen judizieren, er war bei allem dabei, ob landesintern, im Bundesrat oder in seiner Partei. Er sollte deshalb nicht in das Bundesverfassungsgericht berufen werden.
Kommentar, F!XMBR, 24. Januar 2011.
FRÜHERE GERICHTSPRÄSIDENTIN: Herr NN, sind Sie eigentlich in einer Partei?
ICH: Nein.
FRÜHERE GERICHTSPRÄSIDENTIN: Ach das ist schön. Heutzutage sind ja alle in einer Partei. Man muss ja nicht soweit wie in England gehen, wo die Richter nicht mal wählen gehen. Aber in eine Partei sollte man in unserem Beruf nicht eintreten.
… in einem ganz fernen Land in alter Zeit, nicht wahr, …
In den USA gab es schon mal etwas ähnliches: Der US-Präsident William Howard Taft wurde einige Jahre nach seiner Präsidentschaft oberster Bundesrichter (Chief Justice).
Klar: „Mrs. Marylin Davies aus Madison/ Wisconsin konnte sich für alles begeistern. Aber das ist nur so eine Idee von mir.“ (Vian, von: Wolf Wondratschek) 😉
Mich würde interessieren, was Herrn Müller eigentlich fachlich für dieses Amt qualifiziert.
Als Verfassungsrechtler war er bisher nicht hervorgetreten.
Die Grenzen für die Staatsgewalten vermischen sich immer mehr. – Mir tut das körperlich weh, denn so kann Demokratie nicht funktionieren.
Und genau das ist ja auch das Ziel bei so einer Aktion. Wohlgemerkt, er wurde noch nicht gewählt. Aber der Umstand, daß man so etwas überhaupt diskutiert, läßt leider tief blicken.
Ich sehe damit kein Problem, denn rechtlich ist es in Ordnung. Bis dato waren wohl fähige Kandidaten eher Mangelware oder der Posten nicht verlockend genug, gegenüber dem politischen Geschäft. Ganz klar hat hier die Legislative versagt, aber da derlei Möglichkeiten Berücksichtigung fanden, war wohl auch nie jemand unglücklich damit.
Ja, ist es denn „rechtlich in Ordnung“? Vgl. Art. 33 II GG.