Ein Spiel mit verteilten Rollen

Revolution? War da was? In der Ukraine wurde natürlich nachgeholfen, schreibt Albrecht Müller in den Nachdenkseiten. Nicht irgendwie, sondern von den USA, ganz offen dokumentiert, für jedermann nachlesbar, wird die von Naomi Klein 2007 beschriebene „Schock-Strategie“ vollzogen. Den Rest besorgen die Spindoktoren, in diesem Fall vor allem mittels ausbleibender Kritik am Handeln der EU, einschließlich des deutschen Außenministers. Ganz viele Fäden wurden gezogen, und die Massenmedien erzählten vergangenes Wochenende ein spätes Wintermärchen mit Leichen. Es muß dort wie im Wilden Westen zugegagen sein, es wurde scharf geschossen. Was das gleiche Spiel zur gleichen Zeit in anderen Ländern vergessen macht. Wer spricht schon von Venezuela? Auch so ein „Hinterhof“ im weitesten Sinne. Ein Spiel mit verteilten Rollen. Durchschaubar einfach. Viel zu einfach.

Werbung

5 Kommentare zu „Ein Spiel mit verteilten Rollen“

  1. Es ist ein Hauen und Stechen. Beteiligte „Mächte“: Die USA, Russland und ein wenig auch die EU. Nach meinem Eindruck ist das Wirken der letzen Partei aber am wenigsten „gerichtet“. Man hat das ja oft, dass die Europäer sich nicht einigen können auf Ziele. Und doch war/ist interessant gewesen, wie die „Troika“ besetzt war. Deutschland, von dem sich die Ukrainer viel erwartet haben, die Polen, die mehr als alle beiden anderen zusammen, die ukrainischen Verhältnisse einschätzen können und die gleichzeitig die Speerspitze der Nato sind, weil sie viel linientreuer sind in Richtung Amerika als Deutsche und Franzosen und die Franzosen, die das Amerika kritische repräsentieren und vielleicht wirklich sowas wie Europa.

    Dass gerade Amerika Außenpolitik per Scheckheft und De-Stabilisierung macht ist ja nicht neu (siehe zahllose Regime überall auf der Welt). Was mir in Deiner Betrachtung ein wenig zu kurz gerät ist, dass die Russen da sicher nicht weniger tun. Sie haben nicht nur das pure historische Interesse. Sie haben vor allem die strategisch unerhört wichtige Schwarzmeerflotte auf der Krim stehen. Nicht zufällig flüchtete Janukowitsch in Richtung Krim. Dort de-stabilisieren die Russen schon seit einigen Jahren die Ukraine, indem sie russische Pässe ausgeben, Geld verteilen und Posten an maffiöse Führungseliten und so einen pro-russischen Nährboden „züchten“.

    Noch ein Wort zu den „Massenmedien“. Das Blatt Deines Albrecht Müller ist Teil der Massenmedien. Und was die Informationstiefe angeht, so erlebe ich gerade mehr Nähe und mehr Tiefe durch das (ver)folgen von Korrespondenten via Twitter. Dort bekommst Du permanent Informationen an die Hand, jedenfalls von vielen. Man muss sichten, was man für sich nutzen will und kann (ich kann z.B. weder ukrainisch noch russisch), das ist klar. Ich verspüre da dennoch einen großen Gewinn. Klar, ich mache das jetzt seit etwa sechs Wochen. Um eine abschließende Bewertung abzugeben werde ich das noch weiter beobachten, aber so schlecht ist die Berichterstattung nicht. Sie ist halt vielfältiger als 15 Minuten Tagesschau oder alternativ das Lesen eines Artikels auf ZEIT-Online (und anderen). Es ist mehr ein fortwährender Prozess und das kommt der ganzen Sache ja auch deutlich näher. Fazit (mit nicht wirklich neuer Erkenntnis): wer was wissen will, muss sich Zeit nehmen und er/sie muss bereit sein zu lernen und von seinen eigenen Meinungen und Haltungen auch mal abzulassen. Gerade dem ehemilg sowjetischen Einflussbereich haben die Welstler oft eigentümliche Vorstellungen. Wer z.B. den innerrusischen Erfolg Putins verstehen will (der eben nicht nur auf Repression fusst), der muss sich klarmachen, dass auf russischem Boden erst eine knüppelharte Monarchie herrschte mit Leibeigenschaft etc. und diese wurde dann hne jede Pause von der Revolution abgelöst, wo es auch zu keiner Zeit Raum gab für die Werte, die wir im Westen so gerne vor uns her tragen. Woher sollen Russen und die anderen Völker der ehemaligen UDSSR Werte verinnerlicht haben, die auf Freiheit beruhen und anderen persönlich verbrieften Rechten? Man könnte an dieser Stelle weitermachen, aber das hier soll ja keine geselschaftliche Betrachtung von Russland werden. 😉

    Ein letztes Wort: Auch der Konflikt in der Ukraine zeigt, was ich neulich bei mir im Blog zum Thema Desinformation schrieb. Es ist heute sehr sehr schwierig, sich wirklich unabhängige Informationen zu beschaffen. Und am Ende muss man auch akzeptieren (wenn das angezeigt ist), dass man sich u.U. auch auf Quellen mit gutem Leumund verlässt, wenigstens ein Stück weit. Man muss halt permanent kritisch hinterfragen, was einem vorgesetzt wird. Ob Korrespondenten oder hiesige Journalisten oder eben wir selber: Wir alle müssen das tun und alle sind wir stark gefährdet, den falschen Heiligen zu folgen. Versuch und Fehler, so ist das nun einmal.

    1. „Die Ukraine“ ist genaugenommen etwas, was es im Kalten Krieg ständig gab: Ein Stellvertreterkrieg. Jetzt wird das Militär in Stellung gebracht, aber auch hier waren die USA als erste am Zug und haben (angeblich wegen Sotschi, bien sûr) schon Ende letzten/Anfang dieses Jahres mindestens ein Kriegsschiff ins Schwarze Meer geschickt. Ich stelle mir gerade vor, wie die Drohnen über der Ukraine kreisen.

      Und natürlich kommt die russische Seite in den Nachdenkseiten zu kurz.

      Aber die Nachdenkseiten gehören selbst nicht zu den Massenmedien. Es wäre schön, wenn es so wäre.

      Was Twitter angeht, so wäre ich sehr, sehr viel skeptischer, was so eine „Auslandsberichterstattung“ in 140 Zeichen angeht. Da ist zuviel zu ergänzen (und: zu projizieren), als daß man sich auf sowas stützen könnte.

      Sehr interessant finde ich dagegen, in meiner Bibliothek etwa zehn Jahre zurückzugehen und mir anzuschauen, was damals in Sachbüchern und in Zeitschriften geschrieben wurde. Oder Online-Archive von Zeitungen. Und das zu vergleichen mit unserer Wahrnehmung von Politik, Gesellschaft, Wirtschaft heute.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.