Sic transit gloria mono

Nur noch 60 Tage bis zur Buchmesse! meldet mir die Propaganda derselben. Die jährliche Bestandsaufnahme, the annual jamboree steht wieder bevor im Oktober. Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten. Wie ist es also bestellt um die Verlage und das ganze Drumherum?

In der Arno-Schmidt-Mailingliste sickerte gerade durch, daß die traditionsreiche Reihe der rororo-Monographien ziemlich unbemerkt eingestellt worden sei. Was bleibt, sind demnach Restbestände.

Es war eigentlich absehbar, daß die monos irgendwann ganz verschwinden werden, denn unsere Bibliotheken bieten uns so viele biographische und literarische Informationen online, daß es eigentlich keinen Grund mehr gibt, sich noch eine mono zuzulegen. Sie liefen auch in den Bibliotheken nicht mehr gut, unsere Stadtbibliothek hat sie zunehmend ausgemuster. Vor etwa acht Jahren (?) verschwanden sie aus den Frankfurter Buchhandlungen, vor etwa zwei Jahren auch aus den Bahnhofsbuchhandlungen.

Der Verlag denke über eine Verwertung als E-Book nach, hört man. Aber ohne Bilder. rororo-monos ohne Bilder. Die mono als ein unbebildertes E-Book bliebe nicht nur weit hinter dem zurück, was technisch seit geraumer Zeit schon mit EPUB3 möglich wäre, es wäre auch sonst eine Bankrotterklärung, denn an die Stelle einer ordentlichen Backlist träte damit eine bloße Resteverwertung, ein digitaler Ramschtisch, der nach allem, was ich gerade aus der Diskussion der letzten Tage entnommen habe, zudem noch ganz lieblos bereitet würde.

Denn die monos waren aus drei Gründen attraktiv: Sie waren sorgfältig recherchiert (von Autoren, die ihr Sujet beherrschten), gut und interessant bebildert und zudem angenehm zu lesen. Wenn eines dieser Elemente wegfiele (die Bebilderung), ist fraglich, ob der reine Text noch trägt. Ich fürchte, nein. Ich verstehe auch nicht, warum man die Bildrechte nicht für das E-Book erwirbt und damit ein funktionierendes Konzept zerstört. Munzinger und Brockhaus und Kindler sind – zumindest bei uns im Rhein-Main-Gebiet – online allgemein verfügbar. Und den Rest besorgt Wikipedia: it’s free. And free trumps quality all the time.

Die Verlage haben den Schlag noch nicht gehört. Sie müssen sich schon etwas einfallen lassen, wenn sie weiterhin für Autoren attraktiv bleiben wollen. Sie haben die Gatekeeper-Rolle schon lange verloren. Ich glaube, das ist den meisten Verlegern noch gar nicht bewußt geworden. Wenn ich die Wahl habe, gehe ich doch schon heute den Weg über den Selbstverlag. Und in diesem Fall: Ohne Bilder kann jeder. Ob man damit etwas einnimmt, steht freilich auf einem anderen Blatt.

Und was die Herstellung angeht: Mit Pandoc ist es nun wirklich kein Hexenwerk mehr, einen Text in viele verschiedene Zielformate zu konvertieren. Dazu braucht man weder einen Mediengestalter noch eines der völlig überteuerten Adobe-Programme. Entsprechende Dienstleister bieten schon seit langem auch Lösungen auf Basis von XSL/XML/LaTeX an. Wer näheres erfahren möchte, möge sich auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober mal in der Halle 4.2 umtun und die Vorträge besuchen.

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MetaGer, Gmane und Andreas Gryphius

Derzeit bin ich ja nur selten online, das tut mir sehr gut. Ich schaue bisweilen ins Netz und merke immer mehr, wie nebensächlich die Aufgeregtheiten sind, mit denen sie dort meterlange Wikiseiten und ganze Blogs füllen.

Und dann stößt man bisweilen auf Beiträge wie diese hier: Die freie Suchmaschine MetaGer, seit langem meine Standardsuche, bittet mitten im Sommer, also so ziemlich zur Unzeit, um Spenden. Der Versuch, die datenschutzfreundliche Suche auf dem Umweg über das Recht auf Vergessenwerden kaputt zu prozessieren, ist erwartungsgemäß fehlgeschlagen. Die Gegnerin hat sich aber für zahlungsunfähig erklärt, so daß nun alle Kosten des Verfahrens an MetaGer hängenbleiben.

Oder diese: Gmane ist down, ebenfalls aus rechtlichen Gründen, aber auch wegen DDoS-Angriffen, schreibt Larsi, der mir mit Gnus und Gmane eine Menge gegeben hat. Er hofft nun auf eine Übernahme. Vielleicht wird das Mail-to-News-Gateway weiter betrieben, aber das Webinterface – und damit die vielen Permalinks auf einzelne Postings im Mailinglisten-Archiv, die auch ich immer gern gesetzt habe – steht zur Disposition, denn es müßte auch völlig neu entwickelt werden. Der bisherige Code steht auf GitHub.

Man sieht, wie vergänglich und prekär das Web ist. Wo itzund Städte stehn/ wird eine Wiesen seyn/ Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden. Das gilt nicht nur für die kleinen Fische in dem großen Netz, sondern auch für die großen Brummer in dem Teich. Auch von den Großen sind schon viele untergegangen. Ersteres macht mir Sorgen, letzteres tröstet mich. Ich denke an Element of Crime, und die melancholischen Lieder klingen mir in Träumen nach. Am Ende denk ich immer nur an Dich.