Keine Befreiung von der Rundfunkgebühr bei befristetem Zuschlag zum Arbeitslosengeld II

Juris weist heute auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 16. März 2009 hin, wonach Bezieher von Arbeitslosengeld II, die einen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II beziehen, keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebühr haben sollen. Dem stehe auch nicht entgegen, daß die Rundfunkgebühr in dem vorliegenden Fall höher als der Zuschlag sei.

Dies entspricht zwar dem Wortlaut von § 6 I Ziff. 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag, das zuständige Verwaltungsgericht hatte der Klage dennoch in erster Instanz stattgegeben.

Der VGH begründet seine Auffassung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu typisierenden Regelungen (Art. 3 I GG). Diese sind im Dienste der Praktikabilität der Massenverwaltung grunds. zulässig, sofern die Typisierung ihrerseits durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Der Gesetzgeber habe vorliegend davon ausgehen können, daß der Zuschlag in den meisten Fällen oberhalb der Rundfunkgebühr liege. Solche Härtefälle sind grundsätzlich hinzunehmen, sofern sie zahlenmäßig eher selten vorkommen und nicht zu intensiv in die Grundrechte des Betroffenen eingreifen.

Das Urteil ist der Meldung zufolge zwar rechtskräftig geworden, es kann aber nicht richtig sein, da in dem vorliegenden Fall die Rundfunkgebühr teilweise aus dem Regelsatz zu tragen war, wofür dieser aber keinen Ansatz enthält. Es handelt sich daher um einen sehr intensiven Eingriff in die Grundrechte der Klägerin, der auch m.E. nicht mehr anhand des Verbots der evidenten Willkürbehandlung beurteilt werden kann. Hier wäre eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach der neuen Formel angebracht gewesen. Ungleich behandelt werden hier Personengruppen, nämlich diejenigen Hartz-IV-Bezieher, die einen Zuschlag erhalten, der höher oder gleich der Rundfunkgebühr ist, und diejenigen, die einen Zuschlag beziehen, der geringer als die Rundfunkgebühr ausfällt. Die beiden Gruppen werden durch die Rundfunkgebühr in unterschiedlicher Weise belastet. Wenn es möglich ist, daß die Zuschläge unterhalb der Rundfunkgebühr ausfallen, kann der Gesetzgeber nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß es sich dabei um einen seltenen Ausnahmefall handeln würde. Jedenfalls aber hätte hier die Härteklausel zur Anwendung kommen müssen, die das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Die Verfassungsbeschwerde hätte deshalb m.E. in diesem Fall Erfolg haben müssen.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16.03.2009, Aktenzeichen: 2 S 1400/08.

Gleichzeitig veröffentlicht in der Xing-Gruppe Sozialrecht am 17. August 2009.